Eine Reise zum Mond und wieder zurück
Wigwam auf dem Weg zur eigenen Wirkungsstrategie
Kennt ihr das, wenn man vor lauter tagtäglicher Arbeitsroutinen und Projekten eigentlich gar nicht mehr das große Ganze, die Fackel im Wind, das Ziel aller Anstrengungen sehen kann? Wenn zwischen kontinuierlicher Projektarbeit und dem Ziel, gesellschaftlichen Wandel zu leisten, ganz viel unausgesprochene Annahmen und Ideen umherschwirren, aber nur wenig davon konkret festgehalten ist? Wir auch.
Zum Glück unternehmen wir alle drei bis vier Monate unsere heiß geliebten Strategieurlaube nach Brandenburg. Ein Ort, drei Tage, 25 Menschen – und viel Zeit, über all das zu sprechen, was sonst auf der Strecke bleibt. Eines Teamausfluges, im Februar dieses Jahres, wurde so auch die Idee geboren, ein Wirkungsmodell für das Wigwam zu erarbeiten. Ein Wirkungsmodell ist ein komplexitätsreduzierender Ansatz, der die vier Ebenen Input, Output, Outcome und Impact beleuchtet. In anderen Worten: den Einsatz von Ressourcen, die Leistungen, die eine Organisation anbietet, sowie die Veränderung, die damit bei der jeweiligen Zielgruppen bzw. der Gesellschaft als ganzes erreicht werden soll. Es erforscht damit also umgekehrt gedacht die Frage, welche gesellschaftliche Wirkung eine Organisation erreichen möchte und wie sie das mit ihrer täglichen Arbeit umsetzen kann.
Obwohl ich selbst diese Methodik bisher nur aus der Entwicklungszusammenarbeit und durch NGOs kannte, entschlossen wir uns kurzerhand, diesen Ansatz auch bei uns als Agentur auszuprobieren. Für die Auseinandersetzung mit unserer Vision, unseren gesellschaftlichen Zielen und für exakte Begriffsdefinitionen holten wir uns die Critical-Thinking-Expertin Maren Drewes dazu. Gemeinsam starteten wir als extern-internes Wirkungs-Gespann und Moderatorinnen in den Prozess. Mit der eigens dafür gegründeten Arbeitsgruppe erarbeiteten wir die verschiedenen Prozessstufen, die wir immer wieder im großen Wigwam-Kreis vergemeinschafteten.
Der Prozess
Mit dem Wirkungsmodell begann für uns eine Reise zum Mond und wieder zurück, die uns ganz neue Perspektiven eröffnete. In mehreren Treffen widmeten wir uns erst einmal der gesamt-gesellschaftlichen Ebene. Wo sehen wir gesellschaftliche Probleme und wie definieren wir Lösungen dazu? Im nächsten Schritt identifizierten wir Gesellschaftsgruppen, die wir als wichtige Multiplikatoren für unsere Lösungsannahmen sehen. Und zu guter Letzt entwickelten wir, wie wir diese unterschiedlichen Gruppen und Menschen unterstützen könnten – so, dass wir gemeinsam auf eine lebenswerte Zukunft hinwirken können. Es folgten Workshops, in denen wir uns erneut den unterschiedlichen Stufen zuwandten, visualisierten, kommentierten, verwarfen und umformulierten. Mit der Zeit schrumpften die Flipchart-Papierberge, während die Ergebnisse genauer wurden und sich eine übergreifende Perspektive auf uns und unser Wirken ergab.
So haben wir beispielsweise unsere Zielgruppen-Plakate, die zwischenzeitlich zu einem beachtlichen Sammelbecken für Ideen und Feedback wurden, zurück in einen übersichtlicheren Arbeitsstand destilliert.
Die Learnings
Seit dem Teamausflug im Februar 2015 haben wir es mittlerweile zu einer Alpha-Version unseres Wirkungsmodells gebracht, worauf wir durchaus stolz sind! Die Reise dorthin war zuweilen anstrengend und verwirrend. Aber sie hat unseren Horizont vergrößert und uns dazu gebracht, strategische Meta-Ebene und operationale Handlungsweisen miteinander auf ein Stück Papier zu bringen. Die „Mond-Perspektive“ lässt so manches in einem anderen Licht erscheinen: Was ist eigentlich „das Gute“? Welche Positionen und Rollen haben unserer Ansicht nach Wissenschaftler, Politikerinnen und Kulturschaffende in der Gesellschaft? Und wie stehen wir zum Begriff der Bedürftigkeit? Solchen und ähnlichen Fragen spürten wir einmal bis zum innersten Kern nach.
Um sich in diesem “Tiefbohrungs-“Prozess nicht selbst zu verlieren, braucht es jede Menge Selbstdisziplin und Moderation. Besonders wichtig ist es auch, die Multiplikatoren da draußen mit in den Prozess zu holen – schließlich wissen sie selbst am besten, was sie brauchen, um selber wirksam zu sein. Mit diesem Ziel luden wir Ende Juni zum 5. Ideendinner im Wettbureau ein. In kleinen Runden wurde bei leckerem Essen darüber gebrütet, welche Konsequenzen unsere Wirkungsthesen für die einzelnen Multiplikatoren-Gruppen haben. Aus den Diskussionen entstanden viele lehrreiche Ergebnisse, die wir mit in die weitere Modell-Arbeit nahmen.
Die Reise geht weiter
Nachdem nun das Modell in seiner ersten Version steht, geht der Prozess der Operationalisierung und inhaltlichen Verfeinerung weiter. So nutzen wir die Ergebnisse aus dem Wirkungsmodell für unsere eigene Kommunikationsstrategie – to be released! Um das Wirkungsmodell auch handlungsleitend für unsere internen Abläufe zu machen, benennen wir Prinzipien, die unsere Wirkungshaltung widerspiegeln. Und auch die Projektauswahl und -evaluierung soll auf unserem Wirkungsmodell basieren. So können wir transparent machen, warum wir mit wem wie zusammenarbeiten und nach Projektabschluss gegenprüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Wir schauen uns jedes Projekt nicht nur im Hinblick auf Abläufe, Qualität und Ziele an, sondern reflektieren auch das Wirkungsmodell selbst immer wieder von Neuem. Mit Fug und Recht können wir behaupten: Wir lernen – nicht nur fachlich in den Projektteams, sondern auch als Organisation! Und wer behauptete eigentlich nochmal, dass Lernen keinen Spaß macht?! 🙂
Nun, da wir selbst den Entwicklungsprozess durchlaufen haben, möchten wir Mut machen, eine ähnliche Reise zu wagen! Schon jetzt hat uns das Wirkungsmodell dabei geholfen, unsere praktische und strategische Arbeit zu orientieren und als Unternehmen qualitativ zu wachsen.
Habt ihr euch auch schon mit eurer gesellschaftlichen Wirkung auseinandergesetzt und habt Lust, Erfahrungen auszutauschen? Sucht ihr Verbündete in der Sache, habt Fragen zum Wirkungsmodell oder wünscht Hilfe bei der Prozessgestaltung und Moderation? Wir wirken gerne mit euch und sind auf allen bekannten Kanälen erreichbar.