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Rundgang in die Zukunft. Eine Rückkehr an die Bauhaus-Uni in Weimar

vonMaike Janssenam17.07.2015
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Letzte Woche war ich – 10 Jahre nach meinem Studienbeginn – zu Besuch an meiner ersten Uni. Die Bauhaus-Universität in Weimar feierte den Semesterabschluss mit dem traditionellen „summary“, der Werkschau nach Weimarer Art.

summary an der Bauhaus-Uni

Gemeinsam mit einigen Kommilitonen von früher streifte ich durch die kleinen Gässchen der Stadt. Bratwurst, Bauhaus, Birkenstock, dieser Dreiklang unserer Studienzeit hatte die Zeit offenbar überdauert. Was neu war, war unser, war mein Blick auf diese ersten Jahre meiner „akademischen Ausbildung.“

Medienkultur, eine überflüssige Übung?

Der Titel unseres Studiengangs „Europäische Medienkultur“ half unseren Eltern nicht dabei, den Nachbarn den Werdegang ihrer Sprösslinge zu erläutern. Wie auch? Wir verstanden anfangs selbst kaum, was sich dahinter verbarg. „Die mediale Aneignung von Kultur“, das sei Medienkultur – und deshalb sei es eben wichtig, Medien in ihrer Historie und ihren übergreifenden Charakteristika zu verstehen. Also handelte meine erste Hausarbeit von der Geschichte des Mikroskops, die zweite von der medialen Bedeutung der aus der Mode gekommenen Krankheit „Hysterie“.

Nebenbei besuchten wir die Vorlesung „Der gute Film“ bei Prof. Lorenz Engell, die ein stadtbekanntes Happening war. Was wir uns vorher mühsam in endlosen französischen Texten aneignen mussten, wurde in seiner Vorlesung zu inspirierender, nur folgerichtig erscheinender Theorie. Man mochte von der Disziplin der Filmwissenschaft halten, was man wollte – diese intellektuelle Sternstunde liebten wir alle.

Aber Halt: Waren das nicht völlig weltfremde Themen? Oder lernten wir die Welt zu lesen, wie es ihr entsprach? Wir wussten es nicht, aber ein gewisses Unwohlsein begleitete uns das gesamte Studium über. Muss man das wirklich alles wissen? Kann man medientheoretische Betrachtungen jemals zu irgendetwas gebrauchen? Solche Fragen machten den Aufenthalt im Elfenbeinturm einigermaßen ungemütlich.

Handfestes zum Festhalten

Wie gut, dass es da auch noch Marketing- und Mediengestaltungs-Module gab. Hier wurde die Unsicherheit vor der Welt da draußen durch Zahlen, Prinzipien und Bilder besänftigt. „Wir bringen euch bei, wie der Hase läuft“ war der Untertitel jener Veranstaltungen und tatsächlich lernte ich etwas über Kommunikation, Führung und Gründung. Hätte das nicht schon ausgereicht, um sich auf die Herausforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten?

NEIN!

Im Rückblick fügte sich das Konzept der Bauhaus-Uni auf einmal wundersam zusammen. Beim Rundgang reihten sich Kurzfilme an Video-Mapping-Präsentationen, wurden neue Studiengänge wie „Media Architecture“ präsentiert, standen Interaction Designer neben Bauingenieuren. Und über allem der Zauber des Noch-Nicht-Wissens, was wohl noch daraus werden könnte.

Determinismen unterminieren!

Nach 7 Jahren in der sogenannten „Kommunikationsbranche“ – zuerst im Projekt- und Event-Management, dann in der Öffentlichkeitsarbeit und strategischen Beratung, jetzt unternehmerisch eingebunden in die Steuerung eines sensiblen Öko-Systems namens Wigwam – macht genau jenes „in der Schwebe halten“ den Reiz der Weimarer Ausbildung aus. Wer weiß schon, was kommt? Und wofür soll das wichtig sein? Viel wertvoller als das Wissen um eine scheinbar zwangsläufig so oder so aussehende Zukunft ist ist doch das Einschätzen und Agieren können im Jetzt. Das „Fahren auf Sicht“ in einem Raum der Möglichkeiten, für den man die Vorstellungskraft aufbringen muss.

Im Weimar habe ich gelernt, Technologien nicht deterministisch zu sehen. Nichts ist, was es ist, aber es ist alles, was du daraus machst! Nichts verbindet die Bauhaus-Uni so mit dem Wigwam wie diese Lust aufs Ausprobieren.

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