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Der ganz normale Ausnahmezustand

vonWigwamam17.12.2020
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Wir stecken auch fast ein Jahr später noch mittendrin in großen Umwälzungen, die die weltweite Corona-Pandemie angestoßen hat und immer wieder anstößt. Alle, die aktiv an einer Transformation der Gesellschaft arbeiten, forschen und sich den Kopf darüber zerbrechen, wie sinnvoller Wandel gelingen kann, müssen nach neuer Orientierung suchen, weil die Pandemie die Spielfiguren auf dem Spielbrett der Gesellschaft umgeworfen und die Spielregeln verändert hat. Ob Gesundheit, Politik, Kultur, Wirtschaft, Tourismus, Gastronomie oder Sport – so gut wie alle Lebensbereiche sind mindestens auf die Probe gestellt und unser Alltag schlagartig anders. Handy, Schlüssel, Portemonnaie, Maske? Check!


Abstand statt Stand-Up

Wir als Wigwam sind froh und dankbar dafür, dass wir alle weiter arbeiten konnten und „nur“ unsere gewohnten Arbeitsroutinen schnell an das neue Raum- und Abstandsgefühl adaptieren mussten. Statt uns also im täglichen Stand-Up rund um unseren großen Bürotisch über unsere aktuellen Projekte auszutauschen und kollegiale Hilfe einzuholen, fingen wir an täglich auf sich wechselnde Kacheln zu blicken, in denen Menschen sich streckten, lachten, sprachen, dachten, fragten, schmunzelten, ärgerten, sich überfordert und wieder motiviert fühlten. Digital? Normal.

Homeoffice

Mit Mottos, Verkleidungen und einigen Videoführungen durch die heimischen Wohnzimmer ergänzten wir unsere Formate – und sehnen uns aber natürlich schon danach, wenn es heißt: Willkommen zurück im Wedding, liebes Wigwam!

 

Pack den Mundschutz ein, es geht nach Brandenburg!

Nach der ersten Welle dann die Erleichterung, der Sommer, der Teamausflug. Endlich mal wieder raus, um wieder mittendrin zu sein im Teamgefühl. Und Zeit, Hygienebeauftragte zu benennen für den permanenten AHA-Effekt. Unter strengen Hygieneauflagen nutzten wir dreieinhalb heiße Tage auf einem Brandenburgischen Landgut zur intensiven Auseinandersetzung mit unseren Strukturen, Formaten und Werten. Gleich am ersten Tag und während einer Aufstellung galoppierten ein paar Pferde (ohne Begleitung) knapp an uns vorbei, die zuvor ausgebüchst waren… so schön, so schräg. Gemeinsam kochen fiel aus, dafür umso schöner, dass unsere ehemalige Kollegin Jacqueline uns während des Ausflugs mit selbst zubereiteten Köstlichkeiten versorgte.

Es lebe das Rotationsprinzip!

Konfetti, Konfetti! Im Juni ist Wigwam 11 Jahre alt geworden. Seit 2016, als wir die GmbH zur Genossenschaft umgewandelt haben, fällt der Geburtstag zudem mit unserer Generalversammlung zusammen. Die fand dieses Mal natürlich voll digital statt. Am Ende konnten wir drei Kolleginnen in neuen Ämtern feiern – Amelie Salameh (Vorstand), Julia Klee und Anuschka Haak (beide im Aufsichtsrat) – und drei Menschen, die aus ihren Ämtern ausgeschieden sind – Eugen Friesen (Vorstand), sowie Max Beckmann und Julia Kontor (Aufsichtsrat). Warum die Entkopplung von Rolle und Person eine ziemlich wichtige Errungenschaft für uns ist und was Genossenschaft mit New Work zu tun hat, haben wir hier vor kurzem für euch aufgeschrieben.

 

Einige (der vielen) Projekt-Highlights des Jahres

Was uns am meisten beschäftigt, hat sich auch dieses Jahr hingegen nicht geändert: unsere Arbeit an Projekten mit engagierten Kund*innen und Mitstreiter*innen. Ein kurzer Überblick über die Projekte und Themen, die uns beschäftigt haben:

Im Februar wählten die Hamburger*innen eine neue Bürgerschaft, und auch wenn die durch unsere Kampagne unterstützte grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank nicht selbst als “Erste Frau, erste Grüne, erste Wahl” ins Hamburger Rathaus einzog, so konnte die Grüne Partei am Ende mit mehr als einer Verdoppelung der gewonnenen Stimmen als “Siegerin, ohne Erste zu sein” in die Neuauflage der rot-grünen Regierungskoalition gehen, wie der SPIEGEL in der Wahlnachlese treffend titelte.

 

Die Corona-Pandemie hat leider auch gezeigt, wie schnell sich Verschwörungserzählungen verbreiten. Für die Amadeu-Antonio-Stiftung haben wir den „DIY-Entschwörungsgenerator“ konzipiert und umgesetzt, der mit absurd-knalligen Memes das ernste Thema antisemitischer Muster in Verschwörungserzählungen aufgriff und dabei auch viel mediale Aufmerksamkeit darauf lenken konnte. Gegen Ende des Jahres wurden zudem dazu gehörige Anzeigen im Berliner Stadtraum auf großflächigen digitalen Werbetafeln geschaltet, sodass die Kampagne hoffentlich noch mehr Menschen zur humorvollen aber dennoch unerlässlichen kritischen Auseinandersetzung mit antisemitischen Verschwörungsmythen bewegen konnte.

Entschwörungsgenerator

Ärzte ohne Grenzen gehört zu den Organisationen, auf die es gerade ankommt, die viel zu erzählen haben und gerade in dieser Zeit weiter Unterstützung durch Spender*innen benötigen. Für sie konzipierten wir in den Sommermonaten drei Mailingkampagnen, die zusätzlich zu den bestehenden Briefen verschickt wurden: Ein spezieller „Emergency“-Brief angesichts der vorherrschenden Corona-Pandemie, ein Reaktivierungsschreiben für Kalt- und Warmspender*innen sowie eine Neukonzeption des “Letters from the Field”, der den Empfänger*innen berührende Geschichten aus der alltäglichen Arbeit der Ärzt*innen in Krisengebieten näherbringt.

Ärzte ohne Grenzen

Einen großen Erfolg für den Umweltschutssss konnte die von uns gestaltete B!ENE für das niedersächsische “Volksbegehren Artenvielfalt” verbuchen: In den ersten zwölf Wochen unterschrieben fast dreimal so viele Menschen den Aufruf wie erforderlich und am Ende steht noch vor der zweiten Runde eine Einigung auf ein Gesetzespaket samt Verordnungen für mehr Artenschutz in Niedersachsen.

Flyer zum Volksbegehren Artenvielfalt

 

Mit Zuversicht und Motivation ins Super-Wahljahr 2021

Das kommende Jahr steht neben der andauernden Corona-Pandemie ganz im Zeichen der anstehenden Bundestags- und Landtagswahlen, deren Ausgang eine enorme Bedeutung für die politische Ausgestaltung der Zukunft haben werden. Wie ein Wahlkampf in Pandemie-Zeiten aussieht? Das wird sich zunächst in Baden-Württemberg zeigen, wo wir die Grünen um den amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann dabei unterstützen, weiterhin die treibende und stärkste politische Kraft zu bleiben. Und für die Jugendorganisation des Deutschen Gewerkschaftsbundes entwickeln wir aktuell eine lautstarke Kampagne, damit junge Menschen und ihre Bedürfnisse Einzug finden in die öffentlichen Diskussion. Schließlich haben sie noch ziemlich viel Zukunft vor sich.

Wir blicken also gespannt und trotz des angespannten Pandemiegeschehens voller Hoffnung auf das kommende Jahr und hoffen, dass möglichst viele Menschen gemeinsam die Bruchstellen der Systeme, die dieses Jahr sichtbar geworden sind nicht nur flicken, sondern überall da, wo es möglich ist das Gemeinwohl zu verbessern, sich entschlossen dafür einsetzen.

Den Abschluss dieses Jahres und dieser Gedanken kann nur ein Wort irgendwie bündeln: DANKE. Ein riesiges und demütiges Danke. Danke an alle, die mitten im Geschehen waren und noch immer sind, wenn es um Leben und Tod geht. Danke an alle, die sich um Menschen kümmern, die das öffentliche Leben re-organisieren und alles andere, was meist irgendwie selbstverständlich zu uns zu fließen scheint. Eine Lektion dieses Jahres: Selbstverständlich ist hier gar nichts. In diesem Sinne: durchatmen, weitermachen.

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