Habitat III und „zivilgesellschaftliches Engagement?“
Habitat III
Co-‐producing sustainable cities?
Lokalregierungen und Zivilgesellschaft in der globalen nachhaltigen Stadtentwicklung
Mit diesem Titel lud die Böll Stiftung ein, um die oft nur hinter offiziellen Türen stattfindenden Habitat Konferenzen, mit der immer aktiveren und an Zivilgesellschaften beteiligten Öffentlichkeit zu teilen.
Die Habitat I fand 1976 in Vancouver statt und gehört zum „United Nation Human Settlement Program“, welches Ende der Neunziger einberufen wurde, weil man festgestellt hatte, wie schnell die Stadtbevölkerung anwächst. Heute lebt bereits die Hälfte der Bevölkerung in Städten und um 2050 herum werden es 2/3 der Weltbevölkerung sein. Zwei Drittel der Bevölkerung werden zudem 76 % des Kohlendioxidausstosses in Städten verursachen.
Da nimmt es Wunder, das die Habitat Konferenzen nur alle 20 Jahre stattfinden: 1996 in Istanbul und im Oktober 2016 in Quito.
Die herausragenden Sprecher*nnen teilen die Ansicht, das man wieder nur ein Plenum geschaffen hat, wo Resolutionen ohne konkrete Zielvereinbarungen abgefasst werden. „We must leave poverty behind“ ist so eine Aussage, aber in den Unterlagen wird nicht gesagt wer und wie es umgesetzt werden soll.
Man könnte die rasend wachsenden Zahlen der Stadtmigration auch enorm reduzieren, wenn man, wie Shivan Chaudry sagt: „ if we invent in rural areas, people don’t want to move“.
Die Direktorin des Europäischen Büros in Manchester, Poonam Joshi meint die Habitat III findet zu einem Zeitpunkt statt, in der humanitäre und zivilgesellschaftliche Aktivist*nnen gezielt durch die Regierungen unter Druck geraten sind und oftmals auf brutale Weise an ihrem Demonstrationen gehindert werden. (https://vimeo.com/182875115 )
Das Vertrauen in die Zivilgesellschaft ist weltweit noch nicht groß und wieder wird ein Beispiel aus Indien zitiert: 1% der Bevölkerung aus Delhi lebt im Zentrum der Stadt, d.h. dass von den ca. 11 Millionen Einwohnern 70 % jeden Tag durchschnittlich 4 Stunden unterwegs sind, um von A-nach B nach C zu kommen. Die Mehrheit benutzt Fahrräder, Rikschas, öffentliche Transportmittel oder geht zu Fuß. Nur 15 % der arbeitenden Bevölkerung sind Autofahrer und diese wiederum besetzen 80 % der Straßen. Auch 80 % der Investitionen der Stadtverkehrsplanung fließen in Straßen. (Quelle: Anumita Roy Chowdhury, Center for Science and Enviroment). Versuche die Stadt aber mit einem alternativen Mobilitätssystem in einen Fluss zu bekommen, scheitern an den Obrigkeiten.
Es werden weitere Klein-Initiativen aus Paris und Johannesburg gezeigt, nicht gänzlich umgesetzte aber kleine Inseln mit großem bürgerschaftlichen Engagement.
Erfolgreiche Stadtentwicklungskonzepte wie in Kopenhagen, Malmö oder Shanghai werden nicht erwähnt. Die Zukunft Mobilität beginnt in Europa mit den Begriffen Umweltzonen oder City Maut. Aber eine nachhaltige Stadtentwicklung braucht mehr.
Die Eigenverantwortung und Eigenbeteiligung widerspiegelt das Konzept der Urban Citizenship. Eine Stadtbürgerschaft oder auch Wohnbürgerschaft. «Städte sind immer auch Orte von sozialer Mobilität und politischer Veränderung.»
Es war eine hochinteressante Konferenz, mit vielen fundierten Beiträgen aus der grassroot Bewegung (hier auch barefoot skaters genannt). Es kamen Professoren, StadtentwicklerInnen, StadtforscherInnen und Betriebswissenschaftler*nnen zu Wort – nicht Geschädigte, Vertriebene, Einheimische oder indigine Völkervertreter*nnen. Ein Gedanke der englischen Autorin, Jay Griffiths begleitet mich während der Tage: „The human mind developed in wilderness and needs it still.“