„damit wir klug werden“
Wirklich erstaunlich diese Kirchentagsapp.
So einfach zu bedienen und so übersichtlich. Das Programmheft hat 620 Seiten und das passt alles in diese App.
Wir scrollen uns durch das Programm und setzen Sternchen – unsere Auswahl.
„Wieviel Ethik verträgt das Geschäft?“ Wir entscheiden uns für den Vortrag mit Kailiash Satyarthi, dem aktuellen Friedensnobelpreisträgers, zum Thema Kinderrechte weltweit. Eindrücklich und emotional beschreibt er seinen jahrzehntelangen Weg gegen Kinderarbeit und Kindersklaverei, nicht nur in Indien, sondern auch in Pakistan, Bangladesch, Bhutan, Sri Lanka und Nepal. Dank seiner Arbeit gibt es verschiedene „Fair-trade“ Siegel, über die sich Konsumenten informieren können, ob die Kleidung ohne Kinderarbeit hergestellt wurde.
Sein Wunsch an alle Regierungen: „ Please release my children!“.
Am Freitag suchen wir uns einen weiteren Hauptvortrag mit Angela Merkel als Rednerin aus zum Thema: „Digital und klug“ – darunter verstehen wir aber eine aktuellere Rede als die, die wir zu hören bekommen. „Wir sind schon mit einem Fuß in der digitalen Gesellschaft“ – danke Angie. Zum Thema Datensicherheit weiß sie: „ open data können Sie umsetzen, wenn Sie nichts zu verlieren haben…“. Geht es denn nicht um mehr? „Freiheitsbegrenzungen, die es im realen Leben gibt, müssen auch im Internet gelten.“ Sie versteht es eben doch.
In all der wirtschaftlichen Argumentation darf Joana Breidenbach von betterplace.org noch kurz darauf hinweisen, wie prosozial die neuen Medien genutzt werden. Sie ist etwas zu sehr beeindruckt von der Kulisse der 10.000 Zuhörer und meist artig still.
Vielleicht haben wir uns ein bisschen zu viel Politprominenz ausgesucht? Denn da war noch Herr Kretschmann zum Thema „Religion: öffentlich oder privat“. Der Staat muss religiöse Freiheit sichern und da ist „Demokratie kein Zuckerschlecken“. „Wir müssen nicht aus jedem worst-case ein Gesetz machen“, erkennt er mal wieder zum Thema Kopftuch und Kreuz abhängen. „Es ist doch wichtiger, was im Kopf ist und nicht was auf dem Kopf ist“, mit diesen saloppen Antworten entkrampft er ein gereiztes Thema. „Die Aufgabe einer Religion ist es nicht eine Integrationsleistung zu stellen, sondern den Glauben an Gott zu stärken.“ Eine sehr persönliche Antwort des Katholiken Kretschmann.
Wie schafft man ein Mammutprogramm und vermag es dennoch bei der brütenden Hitze am See zu chillen? Eine coole App macht noch keine coole Zeitplanung. Wir wollen nicht die Tage auf unser Handy starrend verbringen, wie Menschen, die auf ihre Wetter-Vorschau schauen, statt die Kondensstreifen am Himmel zu beobachten, oder den Schwalbenflug vom Liegestuhl aus zu verfolgen.
„Über das Aussehen des Himmels könnt ihr urteilen“, heißt es im Matthäusevangelium über alle Wetterbeobachter. Nun, die Zeichen der Zeit haben wir wohl noch nicht erkannt, aber wir haben uns ein entspanntes-interessantes-leichtes Programm gewählt, sozusagen die Frösche auf die Leiter gesetzt und den Kirchenglocken zugehört.