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Facilitation – die Kunst des Ermöglichens

vonLeena Jägeram25.10.2016
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Im Wigwam decken wir eine große Bandbreite an Leistungen ab: von der Beratung und Konzeption, bis zur Umsetzung und Implementierung von Kommunikationsprojekten. Was uns dabei stets begleitet? Das Streben nach prosozialem und nachhaltigem Wandel.

Wir beleuchten unsere Projekte daher immer aus möglichst vielen Perspektiven und gehen ihrem Potential zu wirken auf den Grund. Und das wiederum bedeutet: wir stellen sehr viele Fragen. Wo steht ihr gerade inhaltlich und innerhalb des Teams? Wo genau liegt die aktuelle Herausforderung? Und wo die gedachte Lösung? Braucht es wirklich eine Kampagne oder eine Webseite oder nicht doch die Auseinandersetzung mit Teamstrukturen und -organisation?

Wo viele Fragen sind, sind viele Antworten oder eben noch mehr Fragen. Ungeahnte Dynamiken, Unsicherheiten und eine Vielzahl an Inhalten entstehen zu Beginn und im Laufe eines Projektes. Wir verstehen uns dabei nicht nur als kreative und inspirierende Input-Geber sondern auch als Unterstützer und Ermöglicher als Facilitator*innen des Kreativen und des Neuen.

Dabei hilft uns unser lebendiges Netzwerk aus Berater*innen, Coaches und Trainer*innen neue Impulse in diesem Bereich zu bekommen, den gegenseitigen Austausch mit anderen Facilitatoren zu fördern oder gemeinsame Projekte zu initiieren. Dieses Jahr war es uns eine besondere Freude bei der Facilitation Week mit von der Partie sein zu dürfen. Organisiert u.a. von Anja Ebers und Barbara Zuber, nahmen die sechs Tage und zahlreichen Workshops den Begriff Facilitation und welche methodische Vielfalt dahintersteckt in den Fokus. Passend dazu integrierten wir unsere Veranstaltungsreihe Eine Arbeitswelt wie sie uns gefällt in das Programm. In Kooperation mit Flipped Job Market und Good Jobs widmeten wir uns dem Zusammenhang zwischen selbstorganisierten Teams und der dort gegebenen Notwendigkeit von Facilitation.

Nach einer erfolgreichen gemeinsamen Woche haben wir immer noch nicht genug vom Thema. Deswegen haben wir uns noch einmal mit Anja und Barbara getroffen, um uns über unsere Erfahrungen als Facilitator*innen auszutauschen.

Wigwam: Hallo Anja und hallo Barbara, gebt uns doch bitte mal einen kurzen Einblick in euren Werdegang. Wie seid ihr Facilitatorinnen geworden?

Anja: Mein Weg zu Facilitation als Profession verlief zunächst über Tätigkeiten wie Projektmanagement, Teamleitung und Organisationsberatung. Seit 2001 arbeite ich selbstständig als Facilitatorin und Ermöglicherin von Innovation und Zusammenarbeit. Ich möchte in einer Welt leben, in der Jeder etwas erschaffen kann. Ich schaffe in meinen Workshops Möglichkeitsräume und nutze sogenannte Collboration Canvases, die Menschen in Gruppensituationen auf großartige Art und Weise unterstützen. Seit einiger Zeit sammle ich diese unter: http://canvases2collaborate.tumblr.com/.

Barbara: Ich arbeite seit 1993 als Trainerin, Beraterin und Coach. Etwa 2002 habe ich festgestellt, dass der Begriff ‚Facilitator’ eigentlich genau meine Haltung und das, was ich tue, trifft: vereinfachen, ermöglichen. Ich habe im Laufe meiner Arbeit gelernt, dass Systeme eigentlich alles in sich tragen, was sie brauchen, um sich weiter zu entwickeln. Facilitation ist für mich der Ansatz, der Systeme wieder in Kontakt bringt mit ihren ureigentlichen Potentialen und realistische Möglichkeitsräume öffnet.

Wigwam: Wir sind absolut bei euch, wenn ihr beschreibt, was Facilitation für euch bedeutet und welches Potential es beinhaltet. Auch wir erfahren uns bei unseren Projekten als Kommunikationsberater*innen als aktive Begleitung in zwei Schritten: 1.) Wir helfen dabei mehr Partizipation zu ermöglichen, denn jedes Teammitglied ist Expert*in in dem jeweiligen Bereich. 2.) Durch Co-Creation erarbeiten wir innovative Ideen, denn nur durch gemeinsamen Flow und kreative Methoden entsteht wirklich Neues.

Leider erfahren wir jedoch auch immer wieder, dass Organisationen noch nicht bereit sind für ein solches Vorgehen, das mehr Eigenarbeit und auch Mut erfordert 4melreu. Mit der International Facilitation Week und eurer Arbeit möchtet ihr den Begriff, bzw. den Ansatz und die Methoden der Facilitation bekannter machen. Könntet ihr noch einmal in wenigen Worten beschreiben, was die Welt bisher verpasst hat?

Anja: Die Zusammenarbeit und der gleichberechtigte Austausch mehrerer Menschen in einem Raum zur selben Zeit ist keine Kulturtechnik, die wir mit der Muttermilch einsaugen. Gerade in unserer westlichen Kultur sind solche Momente noch recht hierarchisch organisiert. Ein Facilitator ermöglicht, dass die Erfahrungen, Ansichten und Ideen im Raum so Gehör finden, dass damit effektiv gearbeitet werden kann. So wird Partizipation und Co-Kreation möglich und es entstehen Lösungen, die mehr als das Abarbeiten von Anforderungen sind, da sie im wahrsten Sinne von allen mitgetragen werden. Leider wird im deutschsprachigen Raum nach wie vor mehr von ‚Moderation’ statt ‚Facilitation’ gesprochen, was außen vorlässt, dass der Facilitator den Möglichkeitsraum wie ein Architekt für menschliche Interaktion aufspannt. Verpasst hat die Welt also, dass Zusammenarbeit mehr ist als der Abgleich von Ansichten und das Einbringen von Ideen, mit denen dann irgendeine höhere Instanz etwas unternimmt.

Barbara: Alles was neu ist wird erst mal mit Skepsis beurteilt – das ist einerseits menschlich – anderseits in unserem Kulturkreis besonders verbreitet. Neue Gedanken oder Modelle und innovative Ansätze brauchen deshalb Facilitation, um Eingang in unsere Welt zu finden. Facilitator*innen schlagen die Brücke zwischen den Menschen und den Neuen Ansätzen und bringen die beiden in Beziehung zueinander. Das gilt auch für einen anderen Zugang zu Konflikten. Durch Facilitation werden Konflikte zu Einladungen in Beziehung zu gehen. Unter diesen Konflikten liegen meist Schätze, die freigegeben werden.

Wigwam: Es braucht also bereits für die Akzeptanz neuer Vorgehensweisen den Ansatz von Facilitation. Wie würdet ihr die Bedeutung von Kommunikation dabei beschreiben?

Barbara: Kommunikation ist das Mittel der Wahl! Hier gilt auch der Satz aus der Systemik: „Nur was in die Kommunikation kommt, kann sozial wirksam werden.“ Wobei Kommunikation mit wertschätzendem Zuhören anfängt. Co-Kreation ist der Modebegriff und meint: einen Raum schaffen für gemeinsames Denken, Lernen und Handeln. Das geht nur über Kommunikation.

Anja: Ermöglichende Kommunikation ist klar, einladend, authentisch und hat nicht alle Antworten vorher parat – in ihr spiegelt sich die Haltung wider, mit den Beteiligten zusammen ernsthaft auf der Suche nach besseren Lösungen zu sein.

Wigwam: Wieder ein Punkt, der eure und unsere Arbeit miteinander verbindet! Authentische und einfache Kommunikation ist für uns wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Tuns. Sei es mit dem Partner, in der Umsetzung des Projekts oder im eigenen Team. Dabei erschöpft sich authentische und einfache Kommunikation für uns nicht nur in Wort und Schrift, sondern spiegelt sich auch konsequent in Design und technischer Entwicklung wider.

Der Großteil unserer Projekte findet im öko-sozialen Bereich, in Zusammenarbeit mit NGOs und Stiftungen, statt. In einer internen Diskussion hat das Team vor einiger Zeit einmal gesammelt, mit welchen Organisationen wir darüber hinaus gerne zusammenarbeiten würden: ausgewählte Unternehmen aus der freien Wirtschaft und öffentlichen Verwaltung wurden dabei auch genannt.

In welchen Bereich wolltet ihr schon immer mal gerne Facilitation einbringen und hattet bisher leider noch nicht die Gelegenheit dazu?

Anja: Ich fände es spannend mit einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen zusammenzuarbeiten und zu sehen ob es möglich ist, über das Erleben und Einüben einiger Grundtechniken aus der Facilitation die Zusammenarbeit, vielleicht sogar die Kultur und letztendlich das gesamte Unternehmen zu verändern. Bislang hatte ich Kunden, deren Organisation zu groß war, als dass der Impact eindeutig der Facilitation zuzuschreiben war.

Barbara: Bisher habe ich hauptsächlich in großen und mittelständischen Unternehmen gearbeitet, die einen klaren Auftrag und Rahmen haben. Ich fände es spannend mehr in gesellschaftlich offenen Bereichen zu facilitieren, um Demokratie wieder mehr erlebbar zu machen.

Wigwam: Das ruft doch geradezu nach weiterem Austausch.

Euch jetzt erst einmal vielen Dank für den Einblick!

Barbara: Sehr gern, vielen Dank für die Einladung.

Anja: …und bis bald!

 

Hier noch ein paar Eindrücke von unserer Arbeitswelt-Veranstaltung zum Thema Facilitation:

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