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Mit der Caritas ins digitale Zeitalter

vonMaike Janssenam19.10.2015
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„2009 sprachen wir davon, das Web 2.0 für die Caritas zu nutzen. 2012 ging es um Social Media und darum, allen Akteuren gute Guidelines mit an die Hand zu geben. Und nachdem es heute eine ganze Caritas-Webfamilie und zahlreiche Social-Media-Accounts gibt, denken wir über Digitalisierung im gesamten Caritasverband nach“, so eröffnete Online-Redakteur Marc Boos die erste Caritas Digital-Werkstatt in Frankfurt/Main.

Diese zweitägige Veranstaltung war ein wichtiger Meilenstein auf der Reise des Deutschen Caritasverbandes ins digitale Zeitalter. Wigwam begleitet diese Reise mit Unterbrechungen seit 2009, besonders intensiv aber seit 2014. Vor anderthalb Jahren wurden wir beauftragt, „mit den Mutigen voran[zu]gehen und den Zögerern Brücken [zu] bauen“, wie es intern hieß. Unsere Strategie, von innen nach außen zu schulen, zu begeistern und zu mobilisieren, fand bei der Digital-Werkstatt ihren Ausdruck. Hier kamen all jene aus dem knapp 600.000 MitarbeiterInnen starken Verband zusammen, die zu den „Nächsten im Netz“ zählen wollen. Die Kommunikations-Profis aus den Verbänden und Einrichtungen der Caritas sahen sich häufig zum ersten Mal überhaupt und nutzten die Digital-Werkstatt zum intensiven Austausch. Das Programm, auf welches ich hier nicht näher eingehen werde, konnte mit SpeakerInnen wie Vivian Pein, Katharina Nocun, Felix Neumann und Jens Albers auftrumpfen. Eine hervorragende Zusammenfassung von der Teilnehmerin Sabine Depew gibt es hier.

Caritas Digital-Werkstatt 2015Für mich als Caritas-Wegbegleiterin war vor allem spannend zu beobachten, wie unser Veranstaltungs-Konzept insgesamt aufging from this source. Das hatten wir uns methodisch überlegt:

– Einstimmen mit gegenseitigem Kennenlernen, bei dem jede/r mitmachen kann

– Orientieren mit Infos zum Digitalisierungsprozess: Was heißt das konkret für mich und meinen Verband?

– Abholen mit Input, über den alle sprechen können (konkret: „Die Caritas als Community“ und „Erfolgreiche Kampagne gestalten“)

– Vergemeinschaften über gemeinsame Ziele und Visionen

– Miteinander erleben mit Prototyping-Workshops: Als Gruppe eine konkrete, anfassbare Lösung entwickeln

– eigene Stärken entdecken über selbst gestaltete Sessions im Barcamp

– Zeit für Pausen, um Gelerntes und Erlebtes sacken und wirken zu lassen

– ein ganzheitliches Event-Erlebnis, gestützt durch multimediale (Raum-)Gestaltung – vom Wegweiser übers digitale Toilettenschild („Dropbox“) bis zum digitalen Tagboard

 

Strukturen überwinden

Das klar gesteckte Ziel dahinter war einerseits, „Schluss mit dem digitalen Einzelkämpfertum“ zu machen, also eine Gemeinschaft aus denjenigen zu formen, die online aufeinander angewiesen sind. Wer die Arbeit mit Dachverbänden kennt, kann ein Lied von komplexen Strukturen und mindestens teilweise blockierten Kommunikatoren singen. Diese Strukturen zu überwinden bzw. umzugestalten, ist aber ein Muss für die erfolgreiche Zusammenarbeit im Netz. Denn wo keine Community, da keine Reichweite – beides eigentlich undenkbar im größten Wohlfahrtsverband Deutschlands. Und doch will abteilungs- und verbandsübergreifende Zusammenarbeit im Netz noch einmal neu gelernt werden. In vielen Diskussionen und beim gemeinsamen Machen wurden erste Impulse in genau diese Richtung gesetzt. „Das Fokussieren auf die Marke der Caritas hat uns abgelenkt von unseren Themen und von der Gemeinschaft“, lautete ein kritischer Rückblick auf die vergangenen Jahre, der direkt verknüpft wurde mit der Forderung nach mehr interaktiven, verbandsübergreifenden Formaten. Der Digital-Stammtisch ist so ein Forum, aber auch die Fortbildungsakademie der Caritas bietet noch unglaubliche Potenziale, erlebnisorientierte Weiterbildung im digitalen Wandel zu integrieren. (Man denke nur mal: Ein Verband mit einer eigenen Fortbildungsakademie. Das ist so – wow.)

In die eigenen Stärken vertrauen

Ein zweites strategisches Ziel der Digital-Werkstatt war es, das Vertrauen in die eigenen Stärken zu fördern. Wie geht das? Indem man ausprobiert, lernt und wieder ausprobiert. In Formate gebracht boten wir:

  • ein halbtägiges Barcamp
  • eine kollegiale Beratung zu erprobten Tipps & Tools („Digital-Espresso“)
  • moderierte Prototyping-Workshops und
  • eine interaktive Werkschau als Abschlussrunde des Barcamps an.

Um den „Kreativdruck“ für das Barcamp ein wenig rauszunehmen, wurden Vorschläge vorab schon per Tricider gesammelt. Vor Ort wurden wir dann aber von den vielen Ideen der Teilnehmenden geradezu überrannt. Mehr als 25 Sessions wurden angeboten – von gerade einmal 80 Teilnehmenden insgesamt. Keine Sorge also vor mangelnder Innovationskraft. Die Frankfurter Caritas-Community brannte fürs Neue und teilte auch offen, was es an halbfertigen Ideen oder mittelguten Erfahrungen aus der Arbeit zuhause gab. Und andersherum konnten die Teilnehmenden sich oft tipptopp gegenseitig beraten, zum Beispiel zum Einsatz von Messenger-Diensten in der Sozialen Arbeit.

Ein besonderes Kreativ-Highlight bildete die Werkschau am Ende der Werkstatt. Jede Session hatte den Auftrag bekommen, mit einem Gegenstand, einer Performance, einem Video oder einer anderen kreativen Darbeitung das Ergebnis des gemeinsamen Werkelns zu präsentieren. Dabei entstand u. a. ein kollaborativ gedachter Ideenordner für die digitale Zusammenarbeit auf Facebook:

Ideenordner auf Caritas-Digitalwerkstatt.

Weitere bunte Ergebnisse zeigt die Caritas in ihrem Blogbeitrag zur Digital-Werkstatt.

Verantwortung gemeinsam tragen

Als drittes strategisches Ziel wollten wir mit der Digital-Werkstatt eine Kultur prägen, in der Verantwortung gemeinsam getragen wird. Warum ist das wichtig? In einem großen Verband werden viele Aufgaben lokal exzellent erledigt, ohne dass dieses Wissen einer größeren Gemeinschaft zugänglich ist. Oft wird deshalb der Ruf nach besserer Vernetzung laut. Auf der anderen Seite wird ein Dachverband schnell als einmischend empfunden, wenn gemeinsame Strukturen angeregt oder eingeführt werden. Zudem stehen zentral nicht dieselben personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung wie im gesamten dezentralen System. Der Spruch „Das Ganze ist mehr als die Summe aller Teile“ ist hier so wahr wie wichtig. Denn: Wird die Verantwortung für gemeinsames Lernen und Erleben dezentral getragen, erschließen sich für alle Beteiligten neue (digitale) Räume.

Ein Beispiel für diese neuen digitalen Räume waren die 2 Digital-Labore die im Vorfeld zur Werkstatt stattfanden. Hier konnten Interessierte aus dem Gesamtverband Ideen für Digital-Projekte einreichen, für die noch der entscheidende Anschub fehlte. Abgestimmt über die besten Ideen wurde kollaborativ, gewonnen wurde ein moderierter Kreativ-Workshop. Und kommen durften nicht nur die Ideengeber selbst, sondern auch alle weiteren Interessierten aus der Caritas. Eine tolles Lernerlebnis und gleichzeitig eine neue kulturelle Erfahrung für die Teilnehmenden. Wenn sich ein solches Konzept verstetigen soll, kann nicht ein Dachverband alle Ressourcen stellen. Aber könnte man nicht viel mehr lokale Fortbildungen und Workshops der Caritasverbände und Einrichtungen öffnen für alle Interessierten? Wissen sollte frei durch den Verband fließen, die thematisch aufgehängte Zusammenarbeit zwischen den digitalen Akteuren selbstverständlich werden. Also los! Übrigens: Teilnehmer Adrian Dietrich von der BBT-Gruppe dachte sich wohl dasselbe und verfasste noch auf der Rückfahrt aus Frankfurt ein Grobkonzept für weitere Digital-Labore:

Nach den spannenden Erfahrungen aus Frankfurt schauen wir nun gestärkt und motiviert auf die nächste Aufgabe: Gemeinsam Mobilisieren lernen. Und mit uns unterwegs: 80 neue „Protagonisten des digitalen Wandels“. Schön, dass es euch gibt!

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